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Woche 2
Vom weltweit aktivsten Vulkan, seiner Grosszügigkeit und einem furchtbaren Coiffeur.
27. Januar, Borobudur (Tag 8)
Es war Zeit, nach Yogya zurückzukehren. Rayan war so nett, mich mit seinem Töff zur Bus Station zu bringen. Dummerweise, habe ich vergessen den Schlüssel zu meinem Zimmer abzugeben und hatte ihn immer noch in meiner Hosentasche. Nachdem ich im Lotus II angerufen hatte, sagte er mir, ich solle den Schlüssel einfach in meinem nächsten Hostel abgeben und ihm schreiben, welches es sei. Er würde den Schlüssel dann abholen kommen. Scheinbar bin ich nicht der erste, dem das passiert, denn das Hostel wusste bereits genau, was sie mit dem Schlüssel machen mussten.
Den Abend verbrachte ich wieder in der einen Bar in Yogya, in die ich immer gegangen bin, wenn ich Wifi, Bier oder beides benötigte. Ich wurde schon fast wie ein Stammgast empfangen und schrieb die vergangenen Tage auf. Die Internetverbindung war immerhin gut genug, um einige weitere Fotos auf meine Hard Disk zu Hause hochzuladen. Die Hard Disk ist über ein Raspberry Pi am Netzwerk angeschlossen. Die Fotos, die ich hochlade, sind über einen mini Python Webserver, der ebenfalls auf dem Pi läuft, sofort im Internet zugänglich. Der Router forwardet die benötigten Ports für SSH und HTTP.
28. Januar, Yogyakarta (Tag 9)
Zum Morgenessen gab es Toast und Schokoladenaufstrich auf einer kleinen gemütlichen Veranda. Während des Essens prasselte oder hämmerte der Regen abwechslungsweise auf die Blechdächer der Nachbarschaft. Die Häuser sind so nah aneinander gebaut, dass sich die Dächer alle berühren und man theoretisch über die Dächer zu jedem anderen Haus gehen könnte. Hier habe ich einen coolen Engländer kennengelernt, der schon seit Jahren mit einem Sack voller Sachen durch Asien zieht. Wenn ihm das Geld ausgeht, fliegt er für einige Monate zurück nach Paris, um für eine englische Zeitung einige Monate zu arbeiten und danach mit dem verdienten Geld weiter durch Asien reisen zu können. Nebenbei schreibt er an einem Roman „The Joy Revolution“, was im Moment aber unmöglich ist, weil sein Laptop abgeschmiert ist. Ich habe ihm ein paar Ratschläge gegeben, was ich versuchen würde, hoffentlich hilft es.
Danach habe ich den Bus nach Kaliurang gesucht. Das freundliche Ehepaar, welches das Losmen führt, erklärte mir, ich müsse an die Jalan Mataram (Jalan = Strasse) und dort Bus 2 oder 4 nach Terban nehmen. Die Strasse fand ich leicht, aber konnte keine Bushaltestelle finden. Erst nachdem ein oder zwei Busse an mir vorbeigefahren waren, erinnerte ich mich, dass ich ja einfach nur dem Bus winken muss, um mitgenommen zu werden. Das hat dann beim nächsten Bus auch ausgezeichnet geklappt. Es ist lustig, die Touristen gehen scheinbar alle ein bisschen ans gleiche Ort und die lokale Bevölkerung weiss das auch. Jeder, der den Bus 2 nimmt, will nach Kaliurang und so haben sie mich dann auch genau am richtigen Ort rausgeschickt und gesagt, da drüben sei Terban. Ich weiss nicht genau, was alles zu Terban gehört, ich fand einfach irgendwo einen Bus stehen und der Fahrer fragte mich „Kaliurang?“ und ich antwortete „Kaliurang!“ und er deutete mir einzusteigen und schon kurz darauf fuhren wir los.
Der Bus war praktisch nichts weiter als eine rostige Blechbüchse auf Rädern mit ein paar Sitzgelegenheiten darin. Nach einiger Zeit bedeute mir der Fahrer, ich müsse jetzt aussteigen und zeigte auf eine noch rostigere Blechbüchse, die mich nach Kaliurang bringen würde. Der Bus war völlig leer und hatte auch kein Schild oder sonst was. Ich kaufte mir am Strassenrand einen Sack voll mini Spanische Nüssli und wartete im Bus geduldig. Nach etwa 40 Minuten tauchte dann der Fahrer auf und fragte „Kaliurang?“ und ich sagte „Kaliurang!“ und er fuhr los. Auf der Strecke hielt er immer mal wieder für ein paar Minuten, weil er wohl hoffte, er könne den Bus noch etwas weiter füllen. Später erfuhr ich, dass an Wochentagen sowieso nur zwei Mal ein Bus nach Kaliurang fährt.
Irgendwann hielt er vor einer Schule und etwa 10 Jungen und Mädchen stiegen ein. Sie hatten es furchtbar lustig auf der Busfahrt, lehnten sich so weit es ging aus der immer offenstehenden Tür und tobten wild herum. In Europa hätte es die Erwachsenen in Angst und Schrecken versetzt, dem Fahrer war es aber Wurscht... wenn einer rausfällt, muss er halt tschumpeln.
Kurz nach Mittag hielt der Busfahrer dann wieder und schickte mich raus, denn er hielt genau vor dem Hostel, in welches sowieso alle Touris gehen, dem „Vogels“. Hier belegte ich ein Zimmer, welches sich das Bad mit einem anderen Zimmer teilt, aber da dieses nicht belegt war, effektiv mir alleine gehörte. Nachdem die Formalitäten erledigt waren, machte ich mich auf, das kleine Dorf zu erkunden. Es ist wirklich recht klein, hat aber Beton Strassen, weil wohl im Sommer der Tourismus gross ist. Besonders Indonesier selber, sollen von Yogya in die etwas kühlere Höhe flüchten. Am Ende der Strasse, lag ein toller Wald, in den ich gerne gegangen wäre, doch der Eintritt kostete 2 Dollar.
Aus der Sicht der Indonesier kann ich das ja schon verstehen, dass jeder irgendwie versucht, etwas Geld aus dem Tourismus zu gewinnen. Viele Leute sind arm und der Kuchen, den die Branche zu teilen hat, ist gross. Dennoch finde ich es etwas nervig, dass jedes mögliche Ziel vermarktet wird. Selbst für den Aussichtspunkt um auf den Merapi Vulkan zu blicken muss man etwas bezahlen. Ich vermute sogar, dass zum Teil extra Bäume gepflanzt worden sind, um die Sicht auf den Vulkan zu erschweren, so dass man gezwungen ist, an den einen kostenpflichtigen Aussichtspunkt zu gehen. Und ich bin es mir einfach nicht gewohnt, dass ich Geld dafür bezahlen muss, um in den Wald zu gehen. Dieses schweizerische Privileg wird einem erst bewusst, wenn man sieht, dass es nicht selbstverständlich ist.
Zumindest habe ich am Waldrand den ersten Affen auf meiner Reise gesehen. Und in den Wald würde ich später sowieso noch gehen, wenn ich die Tour zum Merapi Vulkan mache. Plötzlich setzte der Regen ein und ich merkte, dass ich den Schirm vergessen hatte, und musste zurück ins Guesthouse rennen.
29. Januar, Kaliurang (Tag 10)
Die Internetverbindung in Kaliurang ist furchtbar. Zwar habe ich im Essrauum des Vogels Guesthouses Wifi, aber kann trozdem keine Seite laden. Der etwas in die Jahre gekommene Chef, Christian, will nicht so recht begreifen, dass das Zeichen für hervorragenden Wifi-Empfang nicht bedeutet, dass die Internetverbindung (sozusagen hinter dem Wifi) auch hervorragend sein muss. Wie soll ich so die E-Mails von meinem Schatz lesen und schreiben, seufz...
Am Morgen machte ich wieder einen ausgedehnten Spaziergang. Ich fand einen Trampelpfad durch das Gras vom normalen Weg her weg und folgte ihm vorsichtig. Ich bemerkte, dass ich mich oberhalb des kostenpflichtigen Aussichtspunktes befand – habe mich wohl aus Versehen reingeschlichen. Der Vulkan war leider von dichten Wolken verdeckt, aber die Aussicht auf die anderen Hügel war sehr schön, denn es sieht wirklich anders aus, als in der Schweiz.
Später ging ich in ein kleines Museum, welches von der Königsfamilie in Yogya und Solo gesponsert wird. Entsprechend war auch die Hälfte davon dem Königshaus gewidmet, dessen Stammbaum bis ins mittlere 16. Jahrhundert zurück säuberlich notiert war. Zum Museumseintritt gehörte auch eine englische Führung und da ich wohl der einzige englisch sprechende war (Eine Gruppe von Indonesier bekam natürlich eine indonesische Führung), hatte ich eine Einzelführung. Eine junge Frau mit Kopftuch führte mich durch die drei Bereiche, in die das Museum aufgeteilt war und erklärte mir alle Ausstellungsstücke, Bilder, Schriften und Batik. Es war wirklich sehr informativ und ich stellte zusätzlich noch tausend Fragen :D.
Am späten Nachmittag setzte der Regen wieder ein und ich ass im Vogels einen Schockoladen Pancacke, las und schrieb an diesem Journal.
30. Januar, Kaliurang (Tag 11)
An diesem Tag nahm ich an einer Tour auf den Merapi Vulkan teil. Morgens um 4 Uhr assen wir Frühstück im Vogels. Christian Vogel, der Besitzer des Anwesens ist selbst ein erfahrener Ranger und gab eine Einführung in der er den Vulkan und das heutige Vorhaben beschrieb.
Weltweit ist der Merapi der zurzeit aktivste Vulkan und 7 Observatorien und ein Satelit überwachen Tag und Nacht jede seismische Regung und Temperaturänderung innerhalb und ausserhalb des Vulkans. Bei den letzten Ausbrüchen wussten die Wissenschaftler jeweils bereits zwei Tage im Voraus vom bevorstehenden Ausbruch. Der Grund, warum trotzdem hunderte Menschen starben war, dass sie sich schlichtweg geweigert hatten, ihre Dörfer zu evakuieren. Sie gingen davon aus, dass der Ausbruch wie auch in den Jahrzehnten zuvor nicht bis zu ihrem Dorf vordringen würde. Das war ein Irrtum.
Das gefährlichste des Merapi Vulkans ist nicht etwa die Lava, die flüssig wie Wasser den Vulkan hinab rauscht, sondern die sogenannte Hot Cloud. Eine Hot Cloud besteht aus über 1000 Grad heissem Staub und Kieselsteinchen, die lawinenartig den Vulkan hinab donnert und auch Orte zerstören kann, die von der Lava sicher wären. Die Druckwelle einer Hot Cloud wirft sogar Autos wie Spielzeuge durch die Luft. Eine solche Hot Cloud hatte 2010 einen ganzen Wald und zwei Dörfer vernichtet. Unterdessen ist der Wald rasant neu gewachsen, doch man sieht immer noch einige kahle Stämme, das einzige, was die Hot Cloud nicht eingeebnet hatte. Auch die Dörfer werden praktisch an der gleichen Stelle wieder neu aufgebaut, obwohl man demnächst den nächsten Ausbruch erwartet.
Aufgrund erhöhter Aktivitäten im Vulkan vor einigen Monaten hat die Regierung die Besteigung des Vulkans bis auf weiteres verboten. Ranger Christian erklärte uns, wir würden ein Walkie-Talkie mitnehmen, um im Fall der Fälle gewarnt werden zu können und würden nur bis zum Rand der Todeszone gehen. Die Todeszone ist jene Zone, die beim letzten und höchstwahrscheinlich auch beim nächsten Ausbruch von der Hot Cloud zerstört wurde.
Um 5 Uhr machten wir uns auf, zuerst durch das Dorf und dann auf einem schmalen Weg durch den Regenwald (der etwas aber nicht viel anders ist, als unser Wald) einen Hügel hinauf. Den ersten Halt gab es an einem Aussichtspunkt, wo man den Sonnenaufgang sehen konnte, der, glaube ich, fester Bestandteil jeder Tour in Indonesien ist. Da es bewölkt war, sah man mal wieder sehr wenig, aber die Aussicht über die Wälder und Dörfer war dennoch wundervoll.
Geführt wurde die Tour bis hier von Aldrin, dem Sohn von Christian. Er erzählte mir, er sei am vergangenen Wochenende an einem Festival auf einer kleinen Insel zwischen Java und Sumatra gewesen, als plötzlich der Meeresspiegel zu steigen begann. Bald darauf hätten sich die 150 Besucher des Festivals eng auf der Mitte der Insel gedrängt, die Knie bereits im Wasser, um schlussendlich von Booten gerettet zu werden. Auf dem Rückflug habe er dann kein Auge zugemacht. Deshalb hatte er jetzt dermassen Kopfschmerzen, dass er nicht weiter konnte und Christians Schwiegerbruder anrufen musste, damit dieser die Tour zu Ende führen konnte.
Mit dem neuen Führer ging es dann wieder weit durch den Dschungel, abwechslungsweise auf und abwärts und öfters mussten wir über oder unter Baumstämmen durchklettern. Wir erreichten ein Flussbett, welches vor 1000 Jahren von Lava überschwemmt wurde, welches sehr runde Formen angenommen hat. Eigentlich so, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Später haben wir dann auch noch die Lava der Ausbrüche von 2006 und 2010 erreicht. Diese waren ganz sandig. Auch sonst im Dschungel lagen ab und zu Sandhaufen, welche von Felsbrocken stammen, die beim letzten Ausbruch bis in den Wald geflogen sind.
Unser Führer hat uns viel erklärt, über den Vulkan und die benachbarte Bevölkerung. Viele nennen den Vulkan ihren Grossvater und der Grossvater gäbe den Enkeln immer etwas Gutes. Die Dörfer, die von 2010er Ausbruch zerstört wurden, hatten die Tradition, dass jeder Haushalt mindestens zwei Kühe hatte. Bei einer Heirat wurde jeweils der Braut und dem Bräutigam eine Kuh von den Eltern geschenkt, so dass das Paar wiederum mindestens zwei Kühe besassen. Der Ausbruch hat mit den Häusern auch praktisch alle Kühe getötet. Die Regierung hat darauf der Bevölkerung Hilfsgelder zugesprochen und zwar 6 Mio. Rupiah (~450 SFr.) pro Kuh.
Die meisten Dorfeinwohner verdienten ihr Geld damit, in den Bergen Grass abzuschneiden und den sehr weiten (und teils gefährlichen) Weg ins Tal hinunter zu tragen. Ein Jahr nach dem Ausbruch, trug niemand mehr sein Grass ins Tal. Stattdessen besassen plötzlich alle ein Motorfahrrad, mit dem sie mehr Grass schneller ins Tal schaffen konnten. Die Leute hatten sich mit den 6 Mio. Rupiah pro Kuh junge Kälber für 2 Mio. Rupiah gekauft (um die Tradition aufrecht zu erhalten), hatten dann aber immer noch allerlei Geld übrig, für die Motorräder. Manche hatten auch 10 Kühe und wurden regelrecht reich nach dem Ausbruch. Ausserdem ist der schwarze Sand auch noch wertvoll und die Bewohner schauffeln Tag und Nacht Behälter voll und bringen sie ins Tal. Am ergiebigsten ist natürlich die Todeszone.
Wir erreichten dann den Fuss des Vulkans, wo auch die Todeszone begann. Wie ein Gletscher aus Sand sah es aus. Leider rankten sich immer noch Wolken um die Spitze des Vulkans obwohl es sonst blauer Himmel war, so dass wir die Spitze nicht sehen konnten. Auch stieg kein Rauch aus dem Boden auf, wie es vor einer Woche noch der Fall gewesen sein soll. Wir besuchten ausserdem noch einen Bunker in dem 2010 zwei Menschen gestorben waren. Der Bunker war gebaut, um von der Hot Cloud verschont zu bleiben, doch der Ausbruch war so gewaltig, dass sogar die Lava bis zum Bunker vordrang und ihn zerstörte.
Danach machten wir uns auf den Abstieg, um bald darauf im Vogels ein tüchtiges Frühstück serviert zu bekommen. Den Nachmittag verbrachte ich damit, Kaffe zu trinken und meine weitere Reise zu planen. Drei Stunden lang arbeitete ich mich durch die verbliebenen Seiten des Java Kapitels meines Buches um mir Orte und die zugehörigen Vor- und Nachteile aufzuschreiben.
31. Januar, Kaliurang (Tag 12)
Ende Januar ist das chinesische Neujahr, an dem viele Chinesen nach Indonesien kommen. Deshalb beschloss ich, noch eine Nacht mein aktuelles Zimmer zu behalten, statt mich in Yogya mit den Chinesen um ein neues zu streiten. Weil wir am Vortag die Spitze des Vulkans nicht gesehen haben, machte ich mich um 5 Uhr früh auf, den Wald aufzusuchen, für den man 20‘000 Rupiah (1.50 SFr.) bezahlen musste, weil dort ein Aussichtsturm auf den Vulkan sein sollte. Dummerweise hatte der Wald geschlossen. Ein grosses Eisengitter versperrte den Eingang und ein Schild bedeutet, dass der Wald nur von 8 Uhr Morgens bis 4 Uhr Nachmittags offen sei. Glücklicherweise bin ich sehr schlank und ich konnte mich an einer Ecke des Gitters vorbei drücken, hihi.
Die Wege waren gut mit Steinen gemacht und es gab tatsächlich einen Turm, von dem aus man den Vulkan hätte sehen können, wäre nicht schon wieder die Spiel-verderberische Wolkenwand gewesen. Ansonsten schien der Wald im Einklang zu stehen mit anderen indonesischen Geldmacherei Attraktionen die einst schön gebaut, dann aber völlig sich selbst überlassen wurden. Besonders die vielen Bäume, die Aussicht doch erheblich behinderten fand ich bemerkenswert.
Ich wusste, dass ich mindestens bis 9 Uhr hier bleiben musste, also etwa 4 Stunden, um kostenlos wieder rauszukommen. So machte ich mich den Weg hinauf. Der Himmel war abwechslungsweise dicht bewölkt um dann doch wieder etwas blau zu zeigen, was mich immer wieder fast zum Umdrehen bewegt hätte, weil ich buchstäblich nicht plötzlich im Regen stehen wollte. Ich hatte es dann tatsächlich bis zuoberst zum einen Observatorium geschafft und wurde mit einem herzlichen Ausblick über den Regenwald und die Dörfer darin belohnt.
Hier oben war der Weg nicht mehr gut und führte zum Teil steil hinauf, so dass man sich an Wurzeln hinaufziehen musste und die harte Erde unter den Füssen etwas nachgab. Für Schweizer und mit anständigen Schuhen aber machbar ;-). Beim Abstieg kam mir ein (indonesischer) Vater mit seinem Sohn entgegengeklettert, beide barfuss. Als ich unten war, war es erst gerade 8 gewesen und ich wollte noch etwas länger im Park bleiben, unter anderem, weil die Wache beim Eingang wohl erst drei, vier Leute hineingelassen hatte und sich an den einzigen Europäer sicher hätten erinnern können. Und ich war einfach zu geizig um 20‘000 Rupiah zu zahlen.
So setzte ich mich auf einen Stein und las in meinem Buch. Gerade als ich eine halbe Stunde später das Buch zuschlug um zu gehen, sah ich mich plötzlich einer Bande von Affen gegenüber (Die gleiche Art wie in Bali’s Affenwald). Ich nahm den Foto Apparat und knipste ein paar Fotos. Als ich den Weg entlang an einem der Affen vorbei wollte, begann dieser plötzlich wie wild an zu fauchen und machte einen Schritt auf mich zu, als wollte er mich anspringen. Vor Überraschung machte ich einen Schritt rückwärts ins Gebüsch. Ich hätte gerne zurückgefaucht, aber der Affe hatte wirklich eine Pose wie kurz vor dem Sprung und da ich wusste, dass die Biester durchaus auch beissen konnten, verabschiedete ich mich auf die entgegengesetzte Wegrichtung. Ich machte dann noch ein paar Fotos von etwas friedlich gesinnteren Affen, die mich auch ziemlich nah an sich ranliessen. Bald darauf waren die Affen wieder den Berg hinauf verschwunden.
Am Nachmittag machte ich mich auf den Weg zum Merapi Museum. Irgendwie waren sich die verfügbaren Karten nicht einig, wo genau das war, so musste ich mich halt durchfragen. Das Museum war ganz cool und hatte viele 3D Modelle des Merapi Vulkans. Die einen waren fast ein bisschen überflüssig, als hätten sich einfach Modelle in allen Grössen bestellt und im Museum verteilt. Ausserdem gab es Weltkarten mit allen Vulkanen und viele Infos zu Erdbeben, Tsunamis und den Kontinentalplatten.
1. Februar, Kaliurang (Tag 13)
Da nun die Nacht des Chinesischen Neujahresfest vorbei war, reiste ich zurück nach Yogya, wo mein grosses Gepäck noch immer stand. Von anderen Reisenden habe ich später erfahren, dass in der vergangenen Nacht tatsächlich alles in Yogya ausgebucht war und sie entweder in besonders schlechten oder besonders teuren Unterkünften schlafen mussten. Zum Glück hatte mich mein Lonely Planet Buch vorgewarnt, so dass ich gut planen konnte.
Ich verabschiedete mich von Christian Vogel, dem Patron des Vogels Hostels und bekam noch ein paar wertvolle Tips mit auf den Weg, um meine weitere Reise planen zu können. Unter anderem riet er mir nach Denpasar in Bali zu gehen, um mein Visum zu verlängern, weil das im untouristischen Surabaya (auf Java) schwieriger sei.
Ich setzte mich also an den Strassenrand und las, bis etwa 30 Minuten später ein Kleinbus den Berg heruntergesaust kam, wobei der Beifahrer lauthals „Yogya Yogya“ rief, und mich mitnahm. Ich fand wieder beim gleichen Ehepaar wie zuvor ein Zimmer für ein paar Nächte. Das war das bisher günstigste Zimmer (80'000 Rupiah = 6 SFr. pro Nacht). Es hatte gerade ein Bett darin Platz mit 80 cm Freiraum neben dran und ein Bad, welches dringend eine Sanierung benötigt hätte. Spülen konnte man nur, indem man mit der „Dusche“ einen Kessel mit Wasser füllte und die Schüssel hinunter leerte. Alles hat ziemlich gewackelt und war etwas angeschimmelt und dreckig, aber die Lage war sehr ruhig und doch zentral und man konnte erst noch so viel Kaffee trinken wie man wollte. So habe ich es locker ein paar Tage ausgehalten.
Zunächst musste ich aber noch meine Kleider in die Wäsche bringen, was mich umgerechnet 1 SFr. für 2,5 Kilo Wäsche gekostet hat. Ein paar kurze Hosen habe ich mir dann auch noch gekauft.
Ausserdem ging ich zu einem Coiffeur, den schrecklichsten, den ich bisher gesehen habe. Eine der Assistentinnen begann mit dem Rasierer planlos in meinen Haaren rumzuwalzen, mal hier links... dann rechts... dann wieder links. Mit der Zigarette im Mund und mit den anderen Angestellten schwatzend und lachend, begann sie dann mit der Schere einzelne Haarbüschel zu kürzen. Ich dachte, man kenne diese Technik mit den Haaren zwischen Zeige- und Mittelfinger einzuklemmen und dann abzuschneiden auf der ganzen Welt, aber scheinbar nicht in diesem Lokal. Irgendwann fragte sie mich, ob es gut sei, dabei war es völlig asymmetrisch, viel länger auf der einen Seite als auf der anderen. Ich musste mich dann langsam aufregen und liess den Chef kommen, der dann hinter seiner Coiffeuse stand und Schritt für Schritt Anweisungen gab, bis das ganze einigermassen akzeptabel aussah.
2. Februar, Yogya (Tag 14)
Das Losmen, in dem ich wohne hat acht Räume, die alle vermietbar sind. Das Ehepaar, welchem das Haus gehört, säubert jeweils die Zimmer dürftig (Das Bad wird einfach von Kopf bis Fuss abgespritzt und Kissen und Matratzen eine Stunde an die Sonne gelegt). Scheinbar schlafen die beiden entweder in einem der freien Zimmer, oder, wenn alles besetzt ist, auf der Couch im Eingangsbereich. Ich frage mich, was sie mit all dem Geld machen, denn sie verdienen sicher eine Million Rupiah (75 SFr.) pro Nacht.
Hier habe ich nun auch zum ersten Mal viele Reisende getroffen. Das war sehr unterhaltsam und ich konnte viele weitere Tipps für die Weiterreise sammeln, besonders von einem Deutschen, der gerade aus entgegen gesetzter Richtung kam. Hier habe ich Emile und Katrine getroffen, mit denen ich später weitergereist bin.
Ansonsten habe ich an diesem Tag nicht viel gemacht als planen, wie ich am besten nach Denpasar komme. Es gab verschiedene Optionen. Der Plan war eigentlich, über Solo, Cemero Lewang (Bromo Vulkan), Banyuwangi (Nationalpärke) nach Bali zu kommen, doch es schien als würde mich dies auf eigene Faust zu viel Zeit kosten. Da Emile und Katrine eine Tour über den Bromo und Ijen Vulkan nach Denpasar buchten, schloss ich mich ihnen an, da ich so sicher rechtzeitig in Denpasar sein würde. Danach könnte ich wieder zurück nach Java und noch in die Nationalpärke (Bali ist ja nicht so gross, da geht das schon). Allerdings musste ich nun die Stadt Solo auslassen, was aber zu verkraften war.
Am Nachmittag ging ich wieder die Jalan Maliboro (Strasse) entlang, an der lauter kleine Touristenshops aneinander grenzten. Zwischen zwei solcher Geschäfte versteckt, fand ich den Eingang zu einer Mall – einer riesigen Mall. Aus Neugier bin ich durch die Stockwerke gewandert. Bemerkenswert fand ich das Stockwerk, welches ausschliesslich für Mobiltelefone reserviert war. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass dort mindestens 30 kleiner und mittelgrosser Shops direkt nebeneinander standen, die alle die genau gleichen Mobiltelefone mit den genau gleichen Verträgen anboten. In jedem Shop standen mindestens drei Mitarbeiter bereit, doch waren kaum Kunden zu sehen. Ich marschierte durch die Gänge des Stockwerks, vorbei an einem Shop nach dem anderen, die sich alle aufs Haar glichen. Oberhalb war dann der Stock für Computer. Auch hier gab es mindestens 20 Shops, die die gleichen Laptops für die gleichen Preise verkauften. Zwischendurch fand man spezialisierte Geschäfte, z.B. für Grafikkarten.
Am Abend sassen wir dann am Tisch auf der Terrasse, als eine Chinesische Gruppe dazukam. Sie hatten auf dem Markt allerlei Früchte gekauft, von denen sie einige selber nicht kannten. Sie schnitten alle auf und probierten eine nach der anderen und gaben uns gerne auch von jeder einen Schnitz. Die Drachenfrucht hat mir am besten geschmekt.